Die Sonatenhauptsatzform

Die hier abgebildete Grafik zeigt das Schema der klassischen Sonatenhauptsatzform.

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Die wichtigsten Elemente sind zwei gegensätzliche Themen. Aus der Spannung dieses Gegensatzes gewinnt die ganze Sonate ihre Kraft. Deshalb ist nicht nur die Aussagefähigkeit der einzelnen Themen wichtig, sondern auch in welcher Beziehung diese zueinander stehen. Es kann also durchaus sein, dass ein Komponist zwei starke Themen hat, deren Gegenüberstellung aber nicht genug Spannungspotential hergibt, um daraus eine Sonate zu bilden.

Die Sonatenhauptsatzform als ganzes betrachtet ergibt eine Dreiteiligkeit:
Exposition - Durchführung - Reprise.
Manche Sonaten haben am Schluss noch eine Coda, die mehr oder weniger lang ausfallen und sich sogar noch zu einem vierten Teil ausweiten kann.

Die Exposition stellt die beiden Themen nacheinander vor, dergestalt, dass ihr charakterlicher Gegensatz mit formalen Gestaltungsmitteln verstärkt wird. Während das erste Thema immer in der Grundtonart (Tonika) steht (Die Hauptfunktionen in Dur, Die leitereigenen Dreiklänge in Moll), macht es für das zweite Thema einen Unterschied, ob es in einer Dur- oder einer Moll-Sonate vorkommt. Handelt es sich um eine Sonate in Dur, erklingt das zweite Thema in der Dominante (D), ist die Grundtonart eine Molltonart, erklingt es in der Tonikaparallele (tP). D.h der charakterliche Gegensatz wird durch die tonartlichen Pole T - D in Dur bzw. t - tP in Moll verstärkt, wobei der Unterschied in Moll größer ist, da hier verschiedene Tongeschlechter erklingen.

Die Themen stehen am Beginn so genannter Themenkomplexe, in deren weiteren Verlauf die Weiterentwicklung des jeweiligen Themas erfolgt. Oft ist nicht zu unterscheiden, wann das Thema endet und wann die Weiterentwicklung beginnt.

Am Ende des ersten Themenkomplexes muss eine Modulation in die Tonart des zweiten Themas stattfinden, deren Ende oft die Wirkung eines Doppelpunktes in Form entschlossen klingender Akkorde hat, gefolgt von einer kurzen Pause steht. Dieser Vorgang lässt das zweite Thema erwarten:

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Nach dem zweiten Themenkomplex endet die Exposition mit einer so genannten Schlussgruppe. Dabei handelt es sich meistens um eine Wiederholung kadenzierender Spielfiguren.

In der Durchführung gibt es keinerlei formale Vorgaben. Ihr Sinn besteht darin, sich mit dem Konflikt auseinander zu setzen, den die Gegensätzlichkeit der beiden Themen aus der Exposition ausgelöst hat. Hier ist Raum für die dabei nötige thematische Arbeit. Es können dabei beide Themen verarbeitet werden oder nur eines von beiden. Manchmal findet man in der Durchführung keines der beiden Themen, dann übernimmt ein anderes aussagestarkes Motiv aus der Modulation oder der Schlussgruppe deren Stelle. Welche Variante gewählt wird, erschließt sich aus dem jeweiligen Zusammenhang. Die Durchführung endet häufig mit einem "Stehenbleiben auf der Dominante". Hier werden einerseits die Wogen der Durchführung geglättet, andererseits der Beginn der Reprise vorbereitet.

Die Reprise ist eine Wiederholung der Exposition, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied. Hier zeigt sich die Wirkung der Durchführung: Das zweite Thema erklingt nun auch in der Grundtonart, d.h. der Gegensatz zwischen den Themen wurde hier zu einem gewissen Grad ausgeglichen. In einer Moll-Sonate ist dieser Effekt stärker, da nun beide Themen in Moll erklingen. Damit das geschehen kann, muss die Modulation wegfallen, die in der Exposition den Tonartenwechsel ermöglichte. Diese Veränderung wird Einrichtung genannt. Die Einrichtung kann durchführungsartige Elemente enthalten. Auch die Reprise endet mit der Schlussgruppe, diesmal aber in der Grundtonart.

Die sich eventuell anschließende Coda kann den erreichten Ausgleich zwischen den Themen wieder zu Nichte machen, d.h. der Komponist hat hier die Gelegenheit, den Sonatenhauptsatz "schlecht" ausgehen zu lassen. Auch hier wird häufig auf Elemente der Durchführung zurückgegriffen.

Obwohl oft sowohl die Exposition einerseits, als auch die Durchführung, die Reprise und die vielleicht vorhandene Coda als zusammengefasster Teil andererseits wiederholt werden sollen, ist es eigentlich sinnvoll, nur die Exposition zu wiederholen. So können die Themen und der beinhaltete Konflikt noch einmal gehört werden, damit diese im weiteren Verlauf der Sonate gegenwärtiger sind. Hingegen ist es nicht folgerichtig, am Ende der Sonate alles noch einmal ab dem Beginn der Durchführung zu hören, da man so an einen Punkt der Entwicklung zurückgeworfen wird, der bereits erledigt ist. In der gängigen Spielpraxis wird aus diesem Grund die zweite Wiederholung meistens weggelassen.