Abweichungen vom viertaktigen Schema einer Periode

Natürlich ist jeder fähige Komponist in der Lage, mit den klassischen Regeln zu brechen und dabei dennoch ein in sich stimmiges Stück Musik zu erschaffen.

Das folgende Beispiel ist der Beginn der
Variationen über ein Thema von Joseph Haydn für zwei Klaviere op. 56b von Johannes Brahms (1833-1897).
Der Einfachheit wegen wurde hier eine Reduktion auf ein Klavier vorgenommen.

Zunächst eine Veränderung des Originals, die der Gestalt vorgenommen wurde, dass sein formaler Aufbau der einer klassischen Periode entspricht: Die römischen Ziffern entsprechen der Zuordnung der Takte zu ihren Aufgaben innerhalb der Halbsatzstruktur
( I - II: frei, III: Kadenz, IV: Schlussakkord).
Die arabischen Ziffern nummerieren die tatsächlichen Taktzahlen innerhalb eines Halbsatzes. Im veränderten Beispiel stimmen die römischen mit den arabischen Ziffern überein.

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Das Original hat jedoch zehn Takte. Obwohl die Anzahl der Takte ungerade ist, entsteht nicht das Gefühl, dass die Periode "hinkt". Erreicht wird das dadurch, dass der zweite Takt jedes Halbsatzes wiederholt und der jeweilige Inhalt nochmals aufgegriffen (IIa - IIb) und danach weitergeführt wird.

Die römischen und arabischen Ziffern weichen nun voneinander ab:

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Der Beginn des 3. Satzes (Menuetto) der Symphonie Nr. 40, KV 550, g-moll von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) zeigt, dass es möglich ist, ein komplexes Gefüge zu schaffen, das auf einer klassischen Periode basiert, ohne konstruiert zu wirken.

Die ersten vierzehn Takte des Satzes sind aus einer achttaktigen Periode heraus entwickelt.
Es fällt zunächst eine Dreiteiligkeit auf:
Das Thema (T.1 - T.3) wird eine Lage höher wiederholt (T.4 - T.6).
Danach schließt sich eine acht Takte umfassende "Antwort" an (T.7 - T.14).

Die ersten drei Takte entsprechen einem Vordersatz. Dieser endet mit einem Ganzschluss. Ein dreitaktiger Halbsatz? Mozart erreicht dies, indem er diese drei Takte in der Melodie hemiolisch gestaltet, d.h. der Dreivierteltakt wird von einem scheinbaren Zweivierteltakt "überlagert". Die Perioden-Takte der Melodie ( I - II - III - IV) werden zu drei "eigentlichen" Takten" gestaucht". Die Begleitung unterstreicht dabei weiterhin den Dreivierteltakt. Dadurch entsteht die einer Hemiole eigenen rhythmische Besonderheit. Die Wiederholung dieses Vordersatzes eine Lage höher steigert seine Wirkung.

Der Nachsatz wird von normalen vier auf acht Takte gedehnt, indem Elemente und Motive und die dementsprechenden Periodentakte III und IV wiederholt werden ( IIIa, IVa, IIIb, IVb etc.). Die für eine Periode übliche Verwendung von Halb- und Ganzschlüssen fehlt hier, da der Nachsatz von g-moll nach D-dur moduliert.

Die in den Grafiken farbig markierten Takte beinhalten die hemiolischen Motive und Periodentakte (lateinische Ziffern), die nicht markierten Noten begleiten diese im dem Menuett eigenen Dreivierteltakt (arabische Ziffern).

Zur besseren Übersicht folgt eine vereinfachte Grafik:

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