Zusammenfassung

Der Kanon ist die strengste musikalische Form.
Einerseits gibt es Kanons aus dem Volksliedgut, die bei geselligem Zusammensein angestimmt werden, andererseits wählen Komponisten diese Form, um die Konzentration auf die Spitze zu treiben. Auch wird er manchmal als höchst anspruchsvolle Spielerei genutzt, z.B. als kurzes zwei- bis viertaktiges Stück.

Da das entscheidende Merkmal eines Kanons ist, ein vielstimmiges Gefüge mit so wenig verschiedenen Linien wie möglich zu weben, ist der Komponist gezwungen, diese besonders "effektiv" zu gestalten. "Effektiv gestalten" heißt hier, dass ein Gedanke, eine Geste mehrere Funktionen erfüllen, in unterschiedlichen Sinnzusammenhängen Unterschiedliches aussagen können muss.

Bei komplizierten Kanonformen wie den Spiegelkanons klingt die zweite Stimme anders als die Grundgestalt, die ihr Vorbild ist - und dennoch handelt es sich um die gleiche Stimme, die nur "von einem anderen Blickpunkt aus betrachtet" gehört wird. Dadurch eignet sich ein Kanon besonders als Meditation über einen Gedanken.